Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen unabhängigen Gutachtern (Unabhängige Gutachter-Richtlinien – UGu-RiLi) nach § 53b SGB XI vom 06.05.2013 geändert durch Beschluss vom 23.11.20161

Fassung bis 2016 anzeigen

Der GKV-Spitzenverband2 hat auf der Grundlage von § 53b SGB XI am 23.11.2016 die nachstehenden Richtlinien zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen unabhängigen Gutachtern (Unabhängige Gutachter Richtlinie–UGu-RiLi) beschlossen.

1 Das Bundesministerium für Gesundheit hat den Richtlinien mit Schreiben vom 20.12.2016 zugestimmt.

2Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen nach § 53 SGB XI wahrnimmt.


Präambel
1. Geltungsbereich
2. Anforderungen an die Qualifikation der Gutachterinnen und Gutachter
3. Anforderungen an die Unabhängigkeit der Gutachterinnen und Gutachter
4. Sicherstellung der Einheitlichkeit des Begutachtungsverfahren
5. Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren
6. Einbeziehung der Gutachten der unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter in das Qualitätssicherungsverfahren der Medizinischen Dienste sowie in die Statistiken nach den Statistik-Richtlinien
7. Inkrafttreten


Präambel

Ziel der Richtlinien ist es, zur Sicherstellung eines einheitlichen Zugangs zu den Leistungen der Pflegeversicherung insbesondere Folgendes zu regeln:

  1. Die Anforderungen an die Qualifikation und die Unabhängigkeit der von den Pflegekassen beauftragten Gutachterinnen und Gutachter (§ 18 Abs. 1 Satz 1 SGB XI),
  2. das Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass die von den Pflegekassen beauftragten unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und bei der Zuordnung zu einem Pflegegrad dieselben Maßstäbe wie der Medizinische Dienst der Krankenversicherung anlegen,
  3. die Sicherstellung der Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren und
  4. die Einbeziehung der Gutachten der von den Pflegekassen beauftragten Gutachterinnen und Gutachter in das Qualitätssicherungsverfahren der Medizinischen Dienste.

Damit die Pflegekassen bessere Möglichkeiten haben, innerhalb der gesetzlich verankerten Fristen ihre Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit zu treffen und der bzw. dem Betroffenen mitzuteilen, sollen Gutachteraufträge durch die Pflegekassen, insbesondere in den Fällen drohender Fristüberschreitungen, nicht nur an den Medizinischen Dienst, sondern auch an andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter vergeben werden können. Soweit unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit der Prüfung beauftragt werden sollen oder wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist, erhält die Antragstellerin oder der Antragsteller durch die Pflegekasse das Angebot zur Auswahl einer anderen unabhängigen Gutachterin bzw. eines anderen unabhängigen Gutachters aus drei Vorschlägen.

1. Geltungsbereich

Die Richtlinien sind für die Pflegekassen verbindlich.

2. Anforderungen an die Qualifikation der Gutachterinnen und Gutachter

(1) Die fachlichen Voraussetzungen, um als Gutachterinnen und Gutachter im Sinne der „Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien-BRi)“ tätig zu sein, erfüllen approbierte Ärztinnen oder Ärzte, die zur Feststellung der Rehabilitationsindikation entsprechend der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinie)“ befugt sind. Darüber hinaus müssen sie über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in der ambulanten ärztlichen Versorgung, einem Krankenhaus, einer Rehabilitationseinrichtung oder in einem sozialmedizinischen Dienst in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit als Gutachterin bzw. Gutachter verfügen.

(2) Die fachlichen Voraussetzungen, um als Gutachterin bzw. Gutachter im Sinne der Begutachtungs-Richtlinien tätig zu sein, sind ferner erfüllt, wenn eine Berufsqualifikation als Altenpflegerin oder Altenpfleger (dreijährig ausgebildet nach Bundesrecht) oder Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger, Krankenschwester oder Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Kinderkrankenschwester oder Kinderkrankenpfleger mit mindestens 2 Jahren Berufserfahrung in der ambulanten und/oder stationären Pflege in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit als Gutachterin bzw. Gutachter vorliegt.

(3) Für die Begutachtung von Kindern sind ein Facharztabschluss als Kinderarzt oder Kinderärztin und Berufserfahrung nach Absatz 1 oder eine Berufsqualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Kinderkrankenschwester oder Kinderkrankenpfleger mit mindestens 2 Jahren Berufserfahrung im Bereich der praktischen Kinderkrankenpflege in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit als Gutachterin bzw. Gutachter nachzuweisen.

(4) Die Gutachterinnen und Gutachter haben zusätzlich zu den fachlichen Voraussetzungen nach Absatz 1 bis 3 nachzuweisen, dass sie folgende Schulungen erfolgreich absolviert haben:

Darüber hinaus sind mindestens jährlich Nachschulungen zur Durchführung von Begutachtungen von mindestens 16 Stunden nachzuweisen. Sollten die Begutachtungs-Richtlinien zwischenzeitlich geändert werden, ist eine mindestens 16-stündige Nachschulung über die aktuellen Veränderungen der Begutachtungs-Richtlinien bis spätestens 1 Monat nach Inkrafttreten der Begutachtungs-Richtlinien nachzuweisen.

3. Anforderungen an die Unabhängigkeit der Gutachterinnen und Gutachter

(1) Im Rahmen der Beauftragung hat die Pflegekasse für die Zusammenarbeit mit der Gutachterin oder dem Gutachter vertraglich festzulegen, dass die Gutachterin oder der Gutachter das Begutachtungsverfahren für alle Versicherten auf der Grundlage der unter Ziffer 4 Satz 1 genannten Rechtsgrundlagen unabhängig von der Herkunft oder Nationalität der Versicherten durchführen. Es ist vertraglich festzulegen, dass die Gutachterinnen und Gutachter analog § 275 Absatz 5 SGB V bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und nur ihrem Gewissen verpflichtet sind. Die Gutachterinnen und Gutachter sind vertraglich zu verpflichten, die Pflegekasse über das Bestehen verwandtschaftlicher, oder anderer Beziehungen zwischen der Gutachterin bzw. dem Gutachter und der/dem Versicherten, die zur Befangenheit der Gutachterin bzw. des Gutachters führen könnten, unverzüglich zu informieren und die Durchführung der Begutachtung abzulehnen.

(2) Die Gutachterinnen und Gutachter sind zu verpflichten, neben ihrer Tätigkeit als unabhängige Gutachterin bzw. Gutachter keine Tätigkeiten auszuüben, die ihre Objektivität oder Neutralität bei der Durchführung des Begutachtungsverfahrens beeinträchtigen können.

(3) Die Gutachterinnen und Gutachter sind zu verpflichten, ihre Zuverlässigkeit durch Vorlage eines Führungszeugnisses nachzuweisen.

(4) Es ist vertraglich zu regeln, dass die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien, Untersuchungen, statistischen Erhebungen u. ä. den Gutachterinnen und Gutachtern nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Pflegekasse und mit Einwilligung der ggf. in die Studien einzubeziehenden Versicherten zulässig ist.

4. Sicherstellung der Einheitlichkeit des Begutachtungsverfahren

Rechtsgrundlage für die Durchführung des Begutachtungsverfahrens zur Feststellung der Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit und der Pflegegrade im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB XI sind die §§ 14, 15, 18, SGB XI, die §§ 60 ff SGB I und die Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien). Es ist vertraglich festzulegen, dass die genannten Rechtsgrundlagen für die unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter verbindlich sind. Die Begutachtung auf der Basis von Instrumenten, die nicht Bestandteil der aktuellen Begutachtungs-Richtlinien sind, ist vertraglich auszuschließen.

5. Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren

(1) Die Pflegekasse hat vertraglich mit den Gutachterinnen und Gutachtern zu regeln, dass die Richtlinien zur Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren gemäß § 18b SGB XI, die für alle Medizinischen Dienste verbindlich sind, für die unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter entsprechend gelten, mit den Maßgaben, dass für die Annahme und den weiteren Umgang mit einer Beschwerde sowie für die Annahme und den Umgang mit dem Rücklaufbogen der Versichertenbefragung die Pflegekasse zuständig ist, die die unabhängige Gutachterin oder den unabhängigen Gutachter beauftragt hat.

6. Einbeziehung der Gutachten der unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter in das Qualitätssicherungsverfahren der Medizinischen Dienste sowie in die Statistiken nach den Statistik-Richtlinien

(1) Die Pflegekassen stellen durch Abschluss entsprechender Vereinbarungen mit den Medizinischen Diensten sicher, dass die Gutachten der von den Pflegekassen beauftragten anderen unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter in das Qualitätssicherungsverfahren der Medizinischen Dienste entsprechend den „Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Qualitätssicherung der Begutachtung und Beratung für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung“ einbezogen werden. Im Rahmen der Beauftragung der Gutachterin oder des Gutachters ist festzulegen, dass diese/dieser verpflichtet ist, an dem Qualitätssicherungsverfahren entsprechend den Richtlinien mitzuwirken.

(2) Die Gutachten der unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter sind im Rahmen des Qualitätssicherungsverfahrens von den Pflegekassen an den für die Versicherte/den Versicherten örtlich zuständigen Medizinischen Dienst in anonymisierter Form weiter zu leiten. Die den Medizinischen Diensten zugeleiteten Gutachten der unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter sind bei der Grundgesamtheit der Stichprobe für die interne und externe Qualitätsprüfung zu berücksichtigen.

(3) Fließen Gutachten der unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter im Rahmen der Stichprobenziehung in die interne bzw. externe Qualitätssicherung ein, sind die Ergebnisse dieser Prüfungen gesondert auszuweisen und an die zuständigen Pflegekassen weiterzugeben.

(4) Die Pflegekassen stellen sicher, dass Gutachten der von ihnen beauftragten anderen unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter in die Berichte und Statistiken nach § 53a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI einfließen.

7. Inkrafttreten

Die durch Beschluss vom 23.11.2016 geänderten Richtlinien treten am 01.01.2017 in Kraft.

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