Der Anspruch auf Pflegeberatung soll mit Blick auf die Vielfalt der vorhandenen Versorgungsangebote dazu beitragen, jedem Versicherten eine an seinem persönlichen Bedarf ausgerichtete, qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung zukommen zu lassen. Mit dieser Zielsetzung ist die Pflegeberatung im Sinne eines individuellen Fallmanagements als Einzelfallhilfe auszugestalten und geht insoweit über den Aufklärungs- und Auskunftsauftrag nach § 7 SGB XI hinaus.
Anspruch auf Pflegeberatung haben Leistungsempfänger nach dem SGB XI sowie Antragsteller auf SGB XI-Leistungen, die erkennbar einen Hilfebedarf (d. h. es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass eine Leistungsberechtigung nach SGB XI besteht) und entsprechenden Beratungsbedarf haben. Die Inanspruchnahme der Pflegeberatung ist freiwillig.
Die Pflegekassen sind dafür verantwortlich, dass für die Pflegeberatung ihrer Versicherten in ausreichendem Maße Pflegeberater zur Verfügung stehen. Der Anspruch auf Pflegeberatung besteht unmittelbar gegenüber der zuständigen Pflegekasse, unabhängig davon, ob in einem Land Pflegestützpunkte (§ 7c SGB XI) eingerichtet sind. Vor der erstmaligen Beratung soll die Pflegekasse dem Pflegebedürftigen einen zuständigen Pflegeberater oder eine sonstige Beratungsstelle benennen. Die Pflegeberatung kann dem Versicherten in den Räumen der Pflegekasse angeboten werden, hat aber auf dessen Wunsch hin in seiner häuslichen Umgebung oder in einer Einrichtung, in der er lebt, zu erfolgen. Der Begriff „Einrichtung“ ist, entsprechend der Ausrichtung der Pflegeberatung, weit auszulegen. Dies kann ein Pflegeheim oder ein Wohnheim für behinderte Menschen sein, aber auch ein Ort, an dem der Versicherte sich nur vorübergehend aufhält, z. B. eine Rehabilitationseinrichtung oder ein Krankenhaus. Auf Wunsch des Versicherten hat die Pflegeberatung auch gegenüber seinen Angehörigen oder weiterer Personen, z. B. Pflege- oder Betreuungskräften oder Nachbarn bzw. unter deren Einbeziehung zu erfolgen.
Die Pflegekassen können zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Aufgabenwahrnehmung durch Pflegeberater Aufgaben ganz oder teilweise auf Dritte übertragen, z. B. auf Pflegeberatungsstellen oder von der Möglichkeit der Beauftragung eines anderen Sozialleistungsträgers mit dessen Zustimmung nach Maßgabe der §§ 88 bis 92 SGB X Gebrauch machen. Dies können auch andere Pflegekassen oder Sozialhilfeträger sein. In diesen Fällen sind dem beauftragten Sozialleistungsträger die erbrachten Sozialleistungen sowie die entstandenen Kosten zu erstatten.
Sofern ein Pflegestützpunkt in der Nähe des Wohnortes des Versicherten eingerichtet ist, muss die Pflegekasse sicherstellen, dass die Pflegeberatung auch dort in Anspruch genommen werden kann. Dies schränkt die Freiheit des Versicherten hinsichtlich der Inanspruchnahme der Pflegeberatung jedoch nicht ein. Auch wenn ein Pflegestützpunkt eingerichtet ist, muss sichergestellt sein, dass der Versicherte – sofern er es wünscht – die Pflegeberatung weiterhin bei seiner Pflegekasse erhalten kann.
Die Pflegekassen haben die Möglichkeit, sich zur Wahrnehmung ihrer Beratungsaufgaben aus ihren Verwaltungsmitteln (§ 46 Abs. 3 SGB XI) an der Finanzierung und arbeitsteiligen Organisation von Beratungsaufgaben anderer Träger zu beteiligen.
Zur Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen steht mit der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten „ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“ ein von den Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängiges Beratungsangebot zur Verfügung. Das Beratungsangebot soll bereits im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen zur Verfügung stehen und besteht neben dem Anspruch auf Beratung durch die Rehabilitationsträger. Im Rahmen der vorhandenen Beratungsangebote und ihrer Beratungspflicht sollen die Rehabilitationsträger über dieses ergänzende Angebot informieren. Bei der Förderung sind Beratungsangebote von Betroffenen für Betroffene besonders zu berücksichtigen. Näheres hierzu kann dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den Auswirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung des SGB IX vom 18.06.2001 i. d. F. vom 01.April 2019 zu §§ 32 ff. SGB IX entnommen werden.
Näheres zum Inhalt der Pflegeberatung ist den Pflegeberatungs-Richtlinien des GKV- Spitzenverbandes zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI zu entnehmen.
Im Rahmen der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI ist ein Versorgungsplan zu erstellen bzw. ein bestehender Versorgungsplan zu aktualisieren.
Aufgabenschwerpunkte der Pflegeberatung können je nach Bedarf im Einzelfall in Abstimmung mit allen Beteiligten insbesondere sein, die
Soweit der vom zuständigen Pflegeberater betreute ratsuchende Leistungsbezieher oder seine gesetzliche Vertretung zustimmt, gehört es unter anderem auch zu den Aufgaben der Pflegeberatung, die Ergebnisse von Beratungseinsätzen nach § 37 Abs. 3 SGB XI darauf zu überprüfen, ob Anhaltspunkte für einen weiteren Hilfe- und Unterstützungsbedarf zur Stabilisierung der häuslichen Situation vorliegen. Die Pflegeberatung hat damit neben der Beratungs- auch weitgehende Unterstützungsfunktion. Diese ist jedoch ausschließlich auf die Feststellung, Steuerung und Planung von entsprechenden Sozialleistungen und ergänzenden Hilfen gerichtet und nicht als Alltagsbegleitung zu verstehen, die etwa im Bereich der Hauswirtschaft oder Betreuung anzusiedeln ist.
Neben den Leistungen der Pflegeversicherung werden in die Versorgungsplanung insbesondere Leistungen nach dem SGB V (z. B. häusliche Krankenpflege, Heil- und Hilfsmittel), SGB XII (z. B. Hilfe zur Pflege) sowie komplementäre Leistungen (z. B. Besuchs- oder Fahrdienste oder „Essen auf Rädern“) einbezogen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Sozialleistungsträgern sowie weiteren Beratungs- und Koordinierungsstellen sicherzustellen. Soweit ein Rehabilitationsbedarf in Betracht kommt, sollten ggf. auch die gemeinsamen Servicestellen nach §§ 22 ff. SGB IX eingebunden werden.
Vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsrechts des Versicherten (§ 2 SGB XI) und der weiterhin bei den jeweils zuständigen Leistungsträgern angesiedelten Kompetenz hinsichtlich der Leistungsentscheidungen hat der Versorgungsplan keinen zwingenden und rechtsverbindlichen, sondern lediglich einen empfehlenden Charakter.
In Konkretisierung zur allgemeinen Regelung des § 16 SGB I ist in § 7a Abs. 2 Satz 2 SGB XI explizit geregelt, dass Leistungsanträge nach dem SGB XI und SGB V auch gegenüber den Pflegeberatern gestellt werden können. Sofern der Pflegeberater nicht selbst entscheidungsbefugt ist, leitet er den Antrag an den zuständigen Leistungsträger weiter. Dies wird insbesondere bei der Pflegeberatung durch beauftragte Pflegeberater anderer Träger von Bedeutung sein. In diesen Fällen ist der Pflegeberater auch über die Leistungsentscheidung des zuständigen Trägers zu informieren.
Die Pflegekassen haben für die persönliche Beratung durch Pflegeberater entsprechend qualifiziertes Personal einzusetzen; insbesondere sind damit Pflegefachkräfte, Sozialversicherungsfachangestellte oder Sozialpädagogen/Sozialarbeiter mit der jeweils erforderlichen Zusatzqualifikation gemeint. Näheres ist den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur erforderlichen Anzahl und Qualifikation und Fortbildung von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern vom 29. August 2008 in der Fassung vom 22. Mai 2018 zu entnehmen.
Aufwendungen der Pflegekassen für die Pflegeberatung werden über den Leistungshaushalt der Pflegekasse getragen und zur Hälfte auf die Verwaltungskostenpauschale nach § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB XI angerechnet. D. h. die Hälfte der Aufwendungen trägt die Krankenkasse durch die entsprechende Verminderung des Erstattungsbetrages für den Verwaltungskostenersatz.