Pflegebedürftige der Pflegegrade 1 bis 5 in ambulant betreuten Wohngruppen haben einen Anspruch auf einen pauschalen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214,00 EUR monatlich, wenn sie ambulante Sachleistungen nach § 36 SGB XI, Pflegegeld nach § 37 SGB XI, Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI beziehen oder Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI oder den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI in Anspruch nehmen. Der Wohngruppenzuschlag wird zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation und Sicherstellung des gemeinschaftlichen Wohnens in der Wohngruppe gewährt. Mit ihm sollen die zusätzlichen Aufwendungen der Wohngruppe für die nach § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI gemeinschaftlich beauftragte Person finanziert werden, die allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten verrichtet oder hauswirtschaftliche Unterstützung leistet. Er dient nicht dazu, die Leistungen der häuslichen Pflege nach §§ 36 bis 38 SGB XI für die Pflege von Pflegediensten und Angehörigen aufzustocken, vielmehr wurde mit § 38a SGB XI ein eigenständiger Anspruch eingeführt, der nur bei Vorliegen zusätzlicher Strukturen gegeben ist. Somit kann ein Pflegedienst bei der Abrechnung von Pflegesachleistungen in Form der körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung, die er für einzelne pflegebedürftige Mitglieder der Wohngruppe erbringt, nicht ohne weiteres ebenfalls den Wohngruppenzuschlag mit in Ansatz bringen. Von daher müssen in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38a SGB XI) zusätzliche strukturelle Merkmale im Vergleich zur (normalen) häuslichen Pflege, die beispielsweise ein ambulanter Pflegedienst erbringt, vorhanden sein. Neben den Leistungen nach §§ 36 bis 38 SGB XI sowie §§ 45a und 45b SGB XI stellt die von der Wohngruppe beauftragte Person nach § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI somit ein zusätzliches Element der Versorgung dar.
Die Zahlung des pauschalen Wohngruppenzuschlags setzt voraus, dass mindestens drei und höchstens zwölf Bewohner, von denen mindestens drei Bewohner pflegebedürftig i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI (Pflegegrad 1 bis 5) sind, in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung leben.
Von einer gemeinsamen Wohnung kann ausgegangen werden, wenn der Sanitärbereich, die Küche und, wenn vorhanden, der Aufenthaltsraum einer abgeschlossenen Wohneinheit von allen Bewohnern jederzeit allein oder gemeinsam genutzt werden. Die Wohnung muss von einem eigenen, abschließbaren Zugang vom Freien, von einem Treppenhaus oder von einem Vorraum zugänglich sein. Das Vorhandensein von vollausgestatteten Sanitärbereichen in den Privaträumen der Bewohner führt nicht zum Ausschluss des Anspruchs auf den Wohngruppenzuschlag, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 38a SGB XI vorliegen und eine Geamtbetrachtung zu dem Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngruppe i. S. d. § 38a SGB XI führt. Hinweise können sich z. B. aus dem abgeschlossenen Mietvertrag, der Teilungserklärung (notarielle Differenzierung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum) oder dem Wohnungsgrundriss ergeben.
Um eine gemeinsame Wohnung kann es sich auch dann handeln, wenn die Bewohner jeweils in einem Apartment – ggf. ausgestattet mit Küchenzeile, Schlafzimmer und Badezimmer sowie eigener Außentür, Türklingel und Briefkasten - einer Wohnanlage oder eines Wohnhauses leben. In einem solchen Fall muss allerdings die Wohnsituation die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen Lebens in Gemeinschaftsräumen auch tatsächlich in nennenswertem Maße zulassen. Das bloße Vorhandensein rein funktionaler Gemeinschaftseinrichtungen, wie z. B. Abstellräume für Hilfsmittel, reichen insoweit nicht aus. Die Wohnanlage oder das Wohnhaus muss über Gemeinschaftsräume verfügen, die jederzeit allein oder gemeinsam von allen Bewohnern genutzt werden können. Als Gemeineinschafträume kommen beispielsweise eine Gemeinschaftsküche, eine Sitz- und Leseecke oder ein Gemeinschaftszimmer mit einem Essbereich in Frage. Die Wertigkeit dieser Gemeinschaftsräume kann beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommen, dass die hierfür aufzubringende Miete ungefähr die Miete für die Privaträume entspricht. Eine gemeinsame Wohnung liegt insoweit dann nicht mehr vor, wenn die gesamte Wohnanlage so gestaltet ist, dass sich jeder Bewohner praktisch selbstständig versorgen kann oder versorgt wird, ohne auf die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen Zusammenwohnens zurückgreifen zu können (vgl. Urteil des BSG vom 10.09.2020, Az.: B 3 P 1/20 R).
Ein Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag besteht, wenn nachweislich mindestens drei Pflegebedürftige regelmäßig in einer ambulant betreuten Wohngruppe zusammenleben. Zum Nachweis des Vorliegens der Pflegebedürftigkeit der anderen Bewohner hat der Antragsteller eine formlose Bestätigung zu erbringen. Für die Feststellung der Zugehörigkeit zu einer Wohngruppe ist eine vorübergehende Abwesenheit von Wohngruppenmitgliedern, z. B. wegen Krankenhausaufenthalt, der Teilnahme an medizinischen Rehabilitations- oder Vorsorgemaßnahmen, unerheblich.
Eine Wohngruppe liegt auch dann vor, wenn mehr als drei Pflegebedürftige in der gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zusammenleben. Die Obergrenze von höchstens zwölf Bewohnern darf jedoch nicht überschritten werden. Insofern sind die in den jeweiligen Heimgesetzen der Länder festgelegten Obergrenzen für das Vorliegen einer ambulant betreuten Wohngruppe i. S. d. § 38a SGB XI unerheblich.
Über die drei Pflegebedürftigen hinaus können sich der Wohngruppe auch Personen anschließen, die nicht pflegebedürftig im Sinne von §§ 14, 15 SGB XI sind. Diese haben jedoch keinen Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag. Bei der Ermittlung der Wohngruppengröße sind diese Bewohner allerdings zu berücksichtigen.
Das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes (z. B. Eltern mit Kindern, Pflegschaftsverhältnisse) verfolgt nicht den Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung in einer gemeinsamen Wohnung. Insbesondere auch deshalb, weil nach Intention des Gesetzes die selbstorganisierte Versorgung innerhalb einer Wohngruppe gefördert werden soll. Von daher kommt in diesen Fällen eine Zahlung des Wohngruppenzuschlages nicht in Betracht.
Die Zugehörigkeit zur Wohngruppe endet durch Auszug oder durch den Tod eines Bewohners der Wohngruppe. Wird durch das dauerhafte Ausscheiden eines Wohngruppenbewohners die Mindestanzahl von drei Pflegebedürftigen unterschritten, liegen die Voraussetzungen für die Zahlung des Wohngruppenzuschlags für die verbleibenden pflegebedürftigen Bewohner nicht mehr vor. Der Pflegebedürftige hat seine Pflegekasse über die Änderung unverzüglich zu informieren.
Mindestens drei Bewohner der Wohngruppe müssen ambulante Sachleistungen nach § 36 SGB XI, Pflegegeld nach § 37 SGB XI, Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI beziehen oder Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI oder den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI in Anspruch nehmen. Dem steht nicht entgegen, wenn für pflegebedürftige Bewohner die Leistungen nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI ruhen (vgl. Ziffer 2 zu § 34 SGB XI). Die Inanspruchnahme von Leistungen der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI oder Pflege in Einrichtungen i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI oder Räumlichkeiten i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI (Leistungen nach § 43a SGB XI) schließt eine ambulante Betreuung aus.
Zweck einer ambulant betreuten Wohngruppe ist die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung. Dazu ist es erforderlich, dass die Bewohner der Wohngruppe eine Person zur Aufgabenerbringung gemeinschaftlich beauftragt haben, die unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung auf einer gesondert erkennbaren vertraglichen Grundlage mit den Bewohnern der Wohngruppe tätig ist. Bei der beauftragten Person kann es sich sowohl um mehrere natürliche als auch juristische Personen handeln. Bei der Beauftragung einer juristischen Person muss diese jedoch wiederum durch natürliche Personen handeln und ggf. mit mehreren Beschäftigten die Aufgabenerfüllung sicherstellen, solange eine Trennung von der Erfüllung der Aufgaben zur individuellen pflegerischen Versorgung vorliegt. Unerheblich ist, ob die Vergütung für die in Anspruch genommenen Tätigkeiten an die juristische oder natürliche Person gezahlt wird. Zudem ist die gemeinschaftliche Beauftragung nicht an besondere Formvorschriften gebunden. Es ist ausreichend, wenn einschließlich der die Leistung begehrenden pflegebedürftigen Person mindestens zwei weitere pflegebedürftige Mitglieder der Wohngemeinschaft an der gemeinschaftlichen Beauftragung auch in der Form der (nachträglichen) Genehmigung rechtswirksam mitwirken und beispielsweise im Falle eines Wechsels von Mitgliedern diese Beauftragung formlos oder durch ihr schlüssiges Verhalten aufrecht erhalten (Urteil des BSG vom 10.09.2020, AZ.: B 3 P 2/19 R).
Die allgemein organisatorischen, verwaltenden, betreuenden oder das Gemeinschaftsleben fördernden Tätigkeiten oder Unterstützungen der Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung müssen über die in der häuslichen Pflege üblichen Leistungen (Leistungsinhalte des § 36 SGB XI) hinaus erbracht werden. Für die Erbringung von hauswirtschaftlicher Unterstützung ist die Einbeziehung des Pflegebedürftigen erforderlich. Eine solche Unterstützung liegt z. B. beim gemeinschaftlichen Kochen vor. Keine hauswirtschaftliche Unterstützung liegt jedoch vor, wenn die beauftragte Person die hauswirtschaftliche Tätigkeit selbst vollständig übernimmt, ohne dabei die Bewohner der Wohngruppe einzubeziehen. Unterstützung ist vielmehr die teilweise Übernahme, aber auch die Beaufsichtigung der Ausführung von Verrichtungen oder die Anleitung zur Selbstvornahme.
Eine Anwesenheit der beauftragten Person rund um die Uhr ist nicht erforderlich. Eine bloße Rufbereitschaft ist jedoch nicht ausreichend. Bei der beauftragten Person muss es sich nicht um eine ausgebildete Pflegefachkraft (z. B. Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger) handeln. Die beauftragte Person kann - muss aber nicht - bei einem der Pflegedienste beschäftigt sein, der die pflegerische Versorgung für ein oder mehrere Bewohner in der Wohngruppe erbringt.
Ein konkreter Nachweis über die entstandenen Kosten für die beauftragte Person muss nicht erbracht werden. Jedoch kann die Pflegekasse Unterlagen anfordern, aus denen die vereinbarten Aufgaben der von der Wohngruppe beauftragten Person hervorgehen sowie deren Vor- und Nachname, Anschrift, Telefonnummer und Unterschrift.
Maßgebliches Abgrenzungskriterium für den Wohngruppenzuschlag ist, dass die Leistungserbringung nicht weitgehend den Umfang einer stationären Versorgung erreicht. Ein Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI besteht daher nicht, wenn der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen und den Bewohnern damit eine Vollversorgung angeboten wird. Eine solche Vollversorgung liegt vor, wenn z. B. im Mietvertrag bzw. Pflegevertrag die vollständige Übernahme sämtlicher körperbezogener Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung vereinbart und darüber hinaus keine Einbringung des Bewohners in den Alltag möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn die Vollversorgung angeboten, aber von den Bewohnern nur teilweise in Anspruch genommen wird. Die Bewohner sind vor ihrem Einzug von dem Anbieter der ambulanten Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass der Leistungsumfang der stationären Versorgung weder von ihm noch von einem Dritten erbracht wird. Vielmehr soll die über die ambulanten Leistungen hinausgehende Versorgung der Bewohner durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden. Lässt sich aus der Konstruktion der ambulanten Wohngruppe, aus dem Pflegevertrag oder dem Mietvertrag nicht erkennen, dass die Einbringung der Bewohner selbst oder deren soziales Umfeld in die Leistungserbringung und den Alltag vorgesehen ist, besteht keine mit der häuslichen Pflege vergleichbare Situation. Dabei ist entscheidend, dass die Möglichkeit der Einbringung und des Engagements der Bewohner und des sozialen Umfeldes besteht, nicht aber, dass die Bewohner und deren soziales Umfeld tatsächlich davon Gebrauch machen. Die Leistungserbringung durch die Bewohner selbst und deren sozialen Umfeldes kann z. B. die Sicherstellung der Arztbesuche, die Gestaltung und kleine Reparaturen in der Wohnung, die Entscheidung über neue Bewohner oder der Einkauf von Lebensmitteln darstellen.
Leistungen der Tages- und Nachtpflege können neben dem Wohngruppenzuschlag nur in Anspruch genommen werden, wenn durch eine Prüfung des MD nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist. Dazu muss der MD im Einzelfall prüfen, ob die Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege erforderlich ist, damit der Pflegebedürftige alle von ihm individuell benötigten körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen in ausreichendem Umfang erhält. Bei der Prüfung sind sämtliche in der ambulant betreuten Wohngruppe durch die beauftragte Person sowie den ambulanten Pflegedienst erbrachten Leistungen sowie etwaiger Entlastungsbedarfe anderer Mitglieder der Wohngruppe (z. B. Störungen des Tagund Nachtrhythmuses) zu berücksichtigen. Für Pflegebedürftige, die nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht neben dem Wohngruppenzuschlag ebenfalls Leistungen der Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI bezogen haben, gilt der Besitzstandsschutz nach § 141 Abs. 1 SGB XI. In diesen Fällen können die Leistungen der Tages- und Nachtpflege weiterhin in Anspruch genommenen werden, ohne dass durch den MD nachgewiesen wird, dass die Pflege ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist (vgl. Ziffer 2 zu § 141 SGB XI).
Zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen sind die Pflegekassen berechtigt, bei dem Antragsteller folgende Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen und folgende Unterlagen bzw. Informationen anzufordern:
Die Höhe des Wohngruppenzuschlags beträgt pauschal 214,00 EUR monatlich und ist zweckgebunden. Der Anspruch besteht ab dem Monat der Antragstellung für jeden Teilmonat ungekürzt (z. B. bei Einzug, Auszug, Tod, Krankenhausaufenthalt). Die Auszahlung erfolgt wie beim Pflegegeld monatlich im Voraus an den Pflegebedürftigen selbst.
Zum 01.01.2015 haben sich die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug eines Wohngruppenzuschlages geändert. Unabhängig davon ist für Pflegebedürftige, die am 31.12.2014 einen Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag hatten, die Leistung weiter zu erbringen (§ 144 Abs. 1 SGB XI), wenn sich an den tatsächlichen Verhältnissen nichts geändert hat. Dies gilt auch in den Fällen, in denen in der Wohngruppe mehr als zwölf Bewohner leben.
Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen liegt insbesondere vor, wenn
Sofern seit dem 01.01.2015 ein weiterer Bewohner in die Wohngruppe einzieht und hierdurch die Höchstzahl (zwölf Bewohner) überschritten wird, kann trotz Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen der Zuschlag für diesen Bewohner nicht gezahlt werden.