(1) Die Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit und der weiteren für das Vorliegen einer Anspruchsberechtigung erforderlichen Voraussetzungen (z. B. Vorliegen der Vorversicherungszeiten) erfolgt auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechts. Wird ein Antrag auf Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit demzufolge bis zum 31.12.2016 gestellt, so findet das bis zum 31.12.2016 geltende Begutachtungsverfahren Anwendung. Bei einer Antragsstellung ab dem 01.01.2017 finden hingegen die neuen Begutachtungs-Richtlinien Anwendung. Der Zeitpunkt der Antragsstellung ist maßgeblich für das gesamte Verfahren von der Antragstellung über die Begutachtung bis hin zum Erlass des Leistungsbescheids und gilt auch für nachfolgende Widerspruchs- und sozialgerichtliche Verfahren. Für den Zeitpunkt der Antragstellung ist der Eingang des Antrags bei der Pflegekasse maßgeblich.
Beispiel 1 Versicherter stellt einen erstmaligen Antrag auf Pflegeleistungen. Eingang des Antrags bei Pflegekasse am 22.12.2016 Ergebnis: Obwohl die Begutachtung zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit am 26.01.2017 erfolgt, finden die bis zum 31.12.2016 geltenden Begutachtungs-Richtlinien Anwendung. Maßgeblich für das anzuwendende Recht ist nicht der Zeitpunkt der Begutachtung, sondern der Zeitpunkt des Antragseingangs bei der Pflegekasse am 22.12.2016. |
Beispiel 2 Versicherter stellt einen erstmaligen Antrag auf Pflegeleistungen Eingang des Antrags bei Pflegekasse am 02.01.2017 Ergebnis: Da der Antrag des Versicherten am 02.01.2017 bei der Pflegekasse eingegangen ist, finden die ab 01.01.2017 gültigen Begutachtungs-Richtlinien Anwendung. |
(2) Versicherte, bei denen Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14, 15 SGB XI oder eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI nach dem am 31.12.2016 geltenden Rechts bereits festgestellt wurde und die die Voraussetzung für einen Anspruch auf eine regelmäßig wiederkehrende Leistung nach dem SGB XI erfüllen, sind ohne Antragstellung und ohne erneute Begutachtung durch den MDK oder einem von der Pflegekasse beauftragten Gutachter ab dem 01.01.2017 einem Pflegegrad zuzuordnen. Dabei ist ausreichend, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht. Die Zuordnung ist dem Versicherten schriftlich mitzuteilen.
Pflegebedürftige, bei denen die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 14, 15 SGB XI des bis zum 31.12.2016 geltenden Rechts vorliegen, sind ab dem 01.01.2017
überzuleiten (so genannter einfacher Stufensprung).
Soweit die Voraussetzungen eines Härtefalls (§ 36 Abs. 4 oder § 43 Abs. 3 SGB XI) nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Rechts vorliegen, ist der Pflegebedürftige ab dem 01.01.2017 dem Pflegegrad 5 zu zuordnen.
Versicherte, bei denen eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der am 31.12.2016 geltenden Fassung festgestellt wurde, sind ab dem 01.01.2017 regelhaft einen Pflegegrad höher einzustufen als Pflegebedürftige, bei denen ausschließlich die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 14, 15 SGB XI des am 31.12.2016 geltenden Rechts vorliegen. Sie sind ab dem 01.01.2017
überzuleiten (sogenannter doppelter Stufensprung).
(1) Pflegebedürftige, die zum 01.01.2017 in einen Pflegegrad übergeleitet werden, verbleiben grundsätzlich in diesem auf Dauer. Wird im Rahmen einer erneuten Begutachtung ein höherer Pflegegrad festgestellt, ist der höhere Pflegegrad ab Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu gewähren (vgl. Ziffer 2.2. zu § 33 SGB XI). Wird ein niedrigerer Pflegegrad festgestellt, verbleibt der Pflegebedürftige in dem übergeleiteten Pflegegrad (vgl. § 140 Abs. 3 Satz 1 SGB XI). Erfolgt die Feststellung, dass keine Pflegebedürftigkeit i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI in der ab dem 01.01.2017 geltenden Fassung (mehr) vorliegt, sind die Leistungen der Pflegeversicherung für die Zukunft einzustellen.
Beispiel 1 Pflegebedürftiger der Pflegestufe II wird zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 3 übergeleitet. Antrag auf Höherstufung am 03.03.2017 Ergebnis: Im Rahmen der erneuten Begutachtung wurde ein im Vergleich zur Überleitung höherer Pflegegrad festgestellt. Insofern ist der höhere Pflegegrad ab Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu gewähren (§ 48 SGB X). Die Leistungen nach dem Pflegegrad 4 sind daher ab 02.02.2017 zu gewähren. |
Beispiel 2 Pflegebedürftiger der Pflegestufe II wird zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 3 übergeleitet. Antrag auf Höherstufung am 03.03.2017 Ergebnis: Im Rahmen der erneuten Begutachtung wurde ein im Vergleich zur Überleitung niedrigerer Pflegegrad festgestellt. Aufgrund des Besitzstandsschutzes nach § 140 Abs. 3 SGB XI bleibt die Zuordnung zu dem zum 01.01.2017 übergeleiteten Pflegegrad erhalten. Der Pflegebedürftige verbleibt im Pflegegrad 3. |
Beispiel 3 Pflegebedürftiger der Pflegestufe I wird zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 2 übergeleitet. Antrag auf Höherstufung am 03.03.2017 Ergebnis: Im Rahmen der erneuten Begutachtung wurde festgestellt, dass keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung mehr vorliegt. Insofern besteht kein Besitzstandsschutz. Die Leistungen der Pflegeversicherung sind daher für die Zukunft einzustellen. |
(2) Der durch die Überleitung zum 01.01.2017 erworbene Besitzstandsschutz bleibt auch bei einem Wechsel der Pflegekasse nach dem 01.01.2017 erhalten, wenn die neue Mitgliedschaft unmittelbar an die Mitgliedschaft der vorherigen Pflegekasse anschließt. Ein neuer Antrag auf Pflegeleistungen ist nicht erforderlich. Die Pflegekasse, bei der die Mitgliedschaft beendet wird, hat der neu zuständigen Pflegekasse die bisherige Einstufung des Pflegebedürftigen rechtzeitig schriftlich mitzuteilen.
Stellen Pflegebedürftige, die zum 01.01.2017 in einen Pflegegrad übergeleitet wurden, einen Antrag auf Höherstufung und ergibt die Prüfung, dass die Voraussetzungen für einen höheren als durch die Überleitung erreichten Pflegegrad bereits im Zeitraum vom 01.11.2016 bis 31.12.2016 vorlagen, richten sich die ab dem Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu erbringenden Leistungen für diesen Zeitraum nach dem ab dem 01.01.2017 geltenden Recht.
Beispiel: Pflegebedürftiger der Pflegestufe III wird zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 4 übergeleitet. Am 13.01.2017 beantragt er die Zuordnung in einen höheren Pflegegrad. Der MDK stellt am 24.01.2017 das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 5 ab 28.11.2016 fest. Für die Monate November und Dezember 2016 wurden ein Pflegegeld jeweils in Höhe von 728,00 EUR sowie ein Wohngruppenzuschlag in Höhe von jeweils 205,00 EUR gezahlt. Berechnung des Pflegegeldanspruchs: vom 01.11.2016 bis 27.11.2016 = 728,00 EUR x 27 : 30 = 655,20 EUR vom 01.12.2016 bis 31.12.2016 = 901,00 EUR Die Ansprüche sind mit dem bereits ausgezahlten Pflegegeld zu verrechnen. Berechnung des Wohngruppenzuschlags November 2016 = 214,00 EUR Die Ansprüche sind mit dem bereits ausgezahlten Wohngruppenzuschlag zu verrechnen. Ergebnis: Ab dem 28.11.2016 sind Leistungen in Höhe des Pflegegrades 5 zu gewähren. |
(2) Ergibt die Prüfung, dass die Voraussetzungen für einen höheren als durch die Überleitung erreichten Pflegegrad bereits vor dem 01.11.2016 vorlagen, werden die höheren Leistungen des neu festgestellten Pflegegrades erst ab dem 01.11.2016 zur Verfügung gestellt.
(3) Wird bei einer Begutachtung im Jahr 2017 festgestellt, dass die Voraussetzungen für einen höheren als durch die Überleitung erreichten Pflegegrad bereits im Zeitraum vom 01.11.2016 bis 31.12.2016 vorlagen, wird der im Januar 2017 ermittelte Bestandschutz weitergewährt und nicht neu berechnet (vgl. Ziffer 4.2 zu § 141 SGB XI).
Beispiel 3 Pflegebedürftiger der Pflegestufe II, der sich in einer vollstationären Pflegeeinrichtung befindet, wird zum 01.01.2017 in den Pflegegrad 3 übergeleitet. Am 20.01.2017 beantragt er die Zuordnung in einen höheren Pflegegrad. Der MDK stellt am 24.01.2017 fest, dass Pflegegrad 4 bereits seit dem 03.12.2016 vorliegt. Für den Monat Dezember 2016 wurden vollstationäre Leistungen nach § 43 SGB XI in Höhe von 1.330,00 EUR gewährt. Ergebnis: Für den Monat Dezember 2016 wurden Leistungen nach § 43 SGB XI (nach dem bis 31.12.2016 geltenden Recht) in Höhe von 1.330,00 EUR gewährt. Da Pflegebedürftigkeit in Höhe des Pflegegrades 4 jedoch tatsächlich ab dem 03.12.2016 vorlag, wird für den Monat Dezember 2016 ein Differenzbetrag in Höhe von 445,00 EUR (1.775,00 EUR – 1.330,00 EUR) gewährt. Da tatsächlich keine Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe in Dezember 2016 erfolgte, sondern lediglich ein leistungsrechtlicher Ausgleich gezahlt wurde, verbleibt es bei der Rechnungslegung der Einrichtung bei der Pflegestufe II auf Grundlage der bis zum 31.12.2016 geltenden Vergütungsvereinbarung. |
(4) Im Sinne des Versicherten findet die Regelung des § 140 Abs. 4 SGB XI keine Anwendung auf den erhöhten Betrag nach § 45b Abs. 1 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung. Für November und Dezember 2016 besteht Anspruch auf den erhöhten Betrag in Höhe von 208,00 EUR. Dieser Betrag steht auch Anspruchsberechtigten für eine Erstattung von Leistungen zur Verfügung, kann aber auch angespart werden.