Die Leistungen der Pflegeversicherung sind gegenüber gesetzlichen Entschädigungsleistungen nachrangig. Das Zusammentreffen der Leistungsansprüche wird im § 34 SGB XI XI geregelt. Das dort normierte Ruhen der Leistungen der Pflegekasse stellt sicher, dass der Pflegebedürftige insgesamt die höchste ihm zustehende Leistung erhält (vgl. Ziffer 2 zu § 34 SGB XI).
(1) Die häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V umfasst neben der Behandlungspflege auch die im Einzelfall notwendige Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nach dem SGB V entsprechen grundsätzlich den körperbezogenen Pflegemaßnahmen und der Hilfe zur Haushaltsführung nach dem SGB XI. Die Erbringung dieser Leistung führt nach § 34 Abs. 2 SGB XI zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 und 39 SGB XI (zur Besonderheit beim Bezug von Pflegegeld vgl. Ziffer 3 Abs. 2 zu § 34 SGB XI). Demgegenüber wird die häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V neben den Leistungen nach den §§ 36 bis 38 und 39 SGB XI erbracht. Soweit die Satzung der Krankenkasse bestimmt, dass zusätzlich zur Behandlungspflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbracht werden, endet dieser satzungsgemäße Leistungsanspruch mit Eintritt der Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI (§ 37 Abs. 2 Satz 4 SGB V), so dass insoweit Leistungen der Krankenkasse und der Pflegekasse nicht zusammentreffen.
(2) Die Haushaltshilfe (§ 112 SGB III, § 38 SGB V, § 54 SGB IX i. V. m. § 28 SGB VI bzw. § 42 SGB VII) ist aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltungsmodalitäten umfassend und ohne besondere Abgrenzungsregelungen zu erbringen. Sie beinhaltet generell die Versorgung des gesamten Haushalts und schließt etwa bei der Beschaffung und Zubereitung der Mahlzeiten alle üblicherweise im Haushalt zu versorgenden Personen ein. Der Inhalt der häuslichen Pflege wird nach §§ 36 bis 38 und 39 SGB XI im Gegensatz hierzu auf die im Einzelfall notwendigen körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen und Hilfen zur Haushaltsführung begrenzt. Wird die Hilfe zur Haushaltsführung bereits im Rahmen der Erbringung von Haushaltshilfe durch andere Sozialleistungsträger zur Verfügung gestellt, besteht keine Notwendigkeit für eine Hilfe zur Haushaltsführung im Rahmen der häuslichen Pflege. Diese ist dann allein auf Leistungen der körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen auszurichten. Anspruch auf Pflegegeld besteht neben Haushaltshilfe.
(3) Weitere Erläuterungen vgl. auch Ziffer 3 zu § 34 SGB XI.
(1) Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängigen Sozialleistungen zur Pflege grundsätzlich vor. Soweit gegenüber der Pflegekasse kein Leistungsanspruch besteht, weil keine Pflegebedürftigkeit vorliegt, bleibt der Anspruch auf die fürsorgerischen Leistungen – insbesondere auf Sozialhilfe - erhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, § 26c Abs. 1 Satz 2 BVG).
Ferner bleiben die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen unberührt mit der Folge, dass die Träger der Sozialhilfe, die Träger der Kriegsopferfürsorge und die Träger der Jugendhilfe die Leistungen umfassend – also einschließlich der Pflegeleistungen – zur Verfügung zu stellen haben (§ 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI). Das hat zur Folge, dass die Leistungen der Pflegeversicherung im häuslichen Bereich in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich der pflegebedingten Aufwendungen in Einrichtungen i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 1 und Räumlichkeiten i. S. d. § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI übernimmt die Pflegekasse gemäß § 43a SGB XI 15 v. H. der nach §§ 123 ff. SGB IX vereinbarten Vergütungen, maximal in Höhe von 266,00 EUR im Kalendermonat. Dies gilt jedoch nur für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5.
Die Leistungen der Eingliederungshilfe erstrecken sich in diesen Fällen auch auf die Pflegeleistungen in der Einrichtung bzw. Räumlichkeit (vgl. § 103 SGB IX). Zu den Einzelheiten vgl. Erläuterungen zu § 43a SGB XI.
Soweit fortlaufende Pflegeleistungen bei häuslicher Pflege nach dem SGB XI mit fortlaufenden Leistungen der Eingliederungshilfe oder mit weitergehenden Pflegeleistungen nach dem SGB XII zusammentreffen, ist in jedem Einzelfall und mit Zustimmung des Leistungsberechtigten, zwischen der Pflegekasse und dem Träger der Eingliederungshilfe eine Vereinbarung zu treffen. Zu den die Vereinbarung betreffenden fortlaufenden Leistungen der Pflegeversicherung zählen die Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI und der Umwandlungsanspruch nach § 45a Abs. 4 SGB XI. Daneben können auch die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI und der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI sowie die Leistungen der Tages- und Nachtpflege Gegenstand der Vereinbarung sein. Fortlaufende Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen Leistungen, die die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, insbesondere eine möglichst selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensführung im eigenen Wohnraum ermöglichen oder erleichtern.
Die Vereinbarung regelt,
Soweit darüber hinaus ebenfalls Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII oder dem BVG zu erbringen sind, ist außerdem auch der zuständige Sozialhilfeträger zu beteiligen.
Der GKV-Spitzenverband hat gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe in den Empfehlungen vom 10.04.2018 das Nähere zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen der Pflegeversicherung durch einen Träger der Eingliederungshilfe sowie der Erstattung der Kosten für die Leitungen (§ 13 Abs. 4 Satz 1 SGB XI) und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers festgelegt, um so eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern (abrufbar unter https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/richtlinien__verein-barungen__formulare/rahmenvertraege__richlinien_und_bundesempfehlun-gen/2018_10_15_Pflege_Empfehlungen_nach_13_Abs__4_SGB_XI.pdf)
Der allgemeine Grundsatz hinsichtlich des Zusammentreffens der Pflegeversicherung mit denen der Fürsorgeleistungen zur Pflege wird insoweit durchbrochen, als der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege grundsätzlich keine Berücksichtigung findet (vgl. Ziffer 6 zu § 45b SGB XI). Beide Leistungsansprüche bestehen daher nebeneinander (vgl. hierzu Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom vom 8.10. 2008, Rundschreiben Nr. 2008/141 des GKV-Spitzenverbandes). Dies gilt jedoch nicht für Leistungsansprüche nach §§ 64i und 66 SGB XII (Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1 und bei den Pflegegraden 2 bis 5), soweit diese Regelungen vorsehen, die inhaltlich deckungsgleich mit den Leistungen nach § 45b Abs. 1 Satz 3 SGB XI sind. In diesem Fall findet der Entlastungsbetrag Berücksichtigung und die Regelung des § 63b Abs. 1 Satz 3 SGB XII Anwendung.
Wird ein pflegebedürftiges Kind in einer stationären Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII untergebracht, sind die Voraussetzungen der häuslichen Pflege dem Grunde nach nicht (mehr) gegeben. Dennoch gilt auch für die Unterbringung in einer stationären Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, dass sämtliche notwendigen Bedarfe des untergebrachten Kindes oder Jugendlichen gedeckt werden müssen. Zwar steht im Mittelpunkt einer jeden Kinder- und Jugendhilfeleistung zunächst der erzieherische Bedarf und damit die pädagogische Leistung; dennoch muss für ein pflegebedürftiges Kind oder Jugendlichen auch eine angemessene pflegerische Versorgung erfolgen.
Die Leistungen der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI oder § 43a SGB XI sind aufgrund der fehlenden Voraussetzungen ausgeschlossen.
Bei einer dauerhaften Unterbringung in einer stationären Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe stellt diese Einrichtung den Lebensmittelpunkt dar, so dass die Häuslichkeit unterstellt werden kann. Folglich kann das Pflegegeld nach § 37 SGB XI gezahlt werden, sofern der Träger der Jugendhilfe die pflegerische Versorgung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfeleistung erbringt.
Sofern die gerichtlichen Maßnahmen unter Bezug auf §§ 1666 und 1909 BGB erfolgten und die Fürsorge des Jugendamtes in den gerichtlich festgelegten Aufgabenkreisen umfassend und nicht nur für Teilbereiche bzw. ergänzend vorliegen, die elterliche Fürsorge somit dorthin übertragen wurde, ist das Pflegegeld an den Träger der Jugendhilfe zu zahlen. In allen anderen Fällen wird das Pflegegeld an den Sorgeberechtigten gezahlt.
Das an Pflegebedürftige gezahlte Pflegegeld nach § 37 SGB XI und das Pflegegeld aus der PKV stellen keine Einnahmen zum Lebensunterhalt und kein Gesamteinkommen dar, das bei der Prüfung der Familienversicherung nach § 10 SGB V und bei der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt in Bezug auf die Pflegeperson, und zwar ungeachtet dessen, ob der Pflegebedürftige das Pflegegeld in voller Höhe oder nur teilweise an die Pflegeperson weiterleitet (vgl. Artikel 26 Nr. 1 PflegeVG; Urteil des BSG vom 08.12.1992 – 1 RK 11/92 –, USK 9273; Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt vom 22./23.01.2008, Ziffer 7 sowie Gemeinsames Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene zum Gesamteinkommen vom 24.10.2008, Ziffer 5.1). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Pflege im Rahmen eines zwischen Pflegebedürftigen und Pflegeperson bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erbracht wird. Ggf. bestimmt sich die notwendige Berücksichtigung bei der Anwendung der §§ 10 und 62 SGB V nach dem vom Pflegebedürftigen gezahlten Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV, und nicht danach, inwieweit dieses tatsächlich aus dem Pflegegeld bestritten wird.
Die voranstehenden Ausführungen gelten nicht für das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a Abs. 3 SGB XI. Das Pflegeunterstützungsgeld gilt als Lohnersatzleistung für entgangenes Arbeitsentgelt wie auch andere Entgeltersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Kinderkrankengeld oder Verletztengeld) als Einnahme zum Lebensunterhalt. Somit wird das Pflegeunterstützungsgeld als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, berücksichtigt.
Wird Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Diese Regelung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Anspruchsvoraussetzungen, der Höhe und der Zahlungsweise des Pflegegeldes. Nach den Gesetzesmaterialien soll sichergestellt werden, dass die Pflegeperson das Pflegegeld möglichst ungeschmälert erhält. So wird erreicht, dass z. B. bei einer geschiedenen Ehefrau nicht mehr der Unterhaltsanspruch gegenüber dem geschiedenen Ehemann gemindert wird, wenn sie für die Pflege des gemeinsamen pflegebedürftigen Kindes Pflegegeld erhält.